Benjes und Glühwürmchen

Der Muskelkater kriecht mir schon die Arme und Beine hoch. Seit Tagen bin ich an der Umsetzung einer neuen Idee. Meine – vielleicht spinnerte – Idee: Ich möchte endlich mal wieder Glühwürmchen beobachten können. Natürlich am liebsten im Hausgarten. Auch wenn die Lichtverschmutzung auch in unserem Ort immens hoch ist. Trotzdem schaffe ich doch mal alle nötige Voraussetzungen, um meinen Traum wahr werden zu lassen.

Glühwürmchen sind Käfer der Gattung Lampyridae. Durch einen Biochemischen Prozess in ihrem Hinterlaib können die männlichen Vertreter dieser Käferart leuchten. Die so genannte Biolumineszenz dient zur Paarungssuche. Die weibliche Käfer werden von diesem Licht magisch angezogen. In meiner Kindheit gab es vor allem in den Urwäldern der Oberrheinischen Tiefebene viele dieser Käfer. Ich habe es geliebt ihnen bei ihrem Balzflug zuzuschauen. Es ist einfach viel zu lange her, seit ich sie beobachten konnte.

Wie locke ich Glühwürmchen an?

Für Glühwürmchen braucht es zu allererst eine lichte Hecke oder einen Reisighaufen. Von so einem erhöhten Sitzplatz aus starten die Glühwürmchen durch. Sowohl bei der Balz, als auch bei ihrer Jagd nach Nacktschnecken. JA! sie jagen Nacktschnecken, juhuu. Für die Larven der Leuchtkäfer sind die schleimigen Biester eine wahre Leibspeise. Noch ein Grund mehr, warum Glühwürmchen im Garten einziehen sollten. Übrigens glühen auch die Larven/Maden bei einigen Unterarten. Also zuerst einen erhöhten Sitzplatz schaffen. 

Dann braucht es unbedingt eine Wildblumenwiese, welche über Monate nicht gemäht wird. Vor allem nicht zwischen Juni und Anfang August. Denn dann ist die Paarungszeit der Glühwürmchen. Besser nur einmal im zeitigen Frühjar mähen, ansonsten überhaupt nicht. Die Natur unberührt zu lassen hilft auch vielen anderen Insektenarten im Garten.

Wie bereits erwähnt leuchten bei den Glühwürmchen nur die Männchen. Sie locken so die Weibchen zur Paarung an. Doch leider werden die Käfer von den unzähligen Lichtquellen verwirrt. Sie können sich nicht finden, mit der Folge, dass sie aussterben. Wenn ich wirklich wieder Glühwürmchen sehen will, muss ich noch etwas gegen den Lichtsmog aus der Nachbarschaft tun. Vielleicht kann ich zumindest die Stadtwerke überreden, die Straßenlampen umzustellen. Damit sie nicht die ganze Nacht lang leuchten.

Die Larven der Glühwürmchen lieben ein ein feuchte Umgebung. Unter einem Laubhaufen oder einer mit Efeu überwucherten Fläche finden sie optimale Bedingungen. Hier ist es feucht und es finden sich hier ausreichend Schnecken. Die Stelle unter dem alten Kirschbaum ist einfach ideal. Hier finden sich alle benötigten Umgebungen für eine erfolgreiche Wiederansiedlung. Es ist schattig und feuchter als im Rest des Garten. Es gibt eine Benjeshecke und andere Hecken als Sitzplätze. Nebenan gibt es eine wilde Wiese, welche ich nur einma im Jahr mähe. In dem Blumenbeet neben der Hecke gibt es heimische Blühpflanzen.

Nochmal in Kürze: Glühwürmchen brauchen
  • Versteck und Startplatz in Form z. B. einer Benjeshecke
  • Laubhaufen und wilde, schattige Ecken für die Larven
  • Nacktschnecken
  • Wiesenflächen bzw. Wildblumenflächen, welche nie gemäht werden
  • kein Lichtsmog
Kurze Bauanleitung

Den Anfang macht die Benjes Hecke. Das ist eine Hecke, welche aus Schnittgut von Bäumen und Sträucher aufgeschichtet wird. Schnittgut sammelt sich jedes zeitige Frühjahr bei mir mehr als genug im Hausgarten an. Alle Obstbäume, die Weide, der Weinstock, der Perückenstrauch und Mehr müssen geschnitten werden. Von den Kirschlorbeerbüschen behalte ich nur die dicken Äste. Sie werden die Stützpfähle – das Grundgerüst – für die Hecke. Dafür spitze ich den unteren Teil der zukünftigen Stützpfäle an, bevor ich sie in die Erde ramme. Der Rest vom Kirschlorbeer wird abtransportiert.

Die dicken, angespitzen Äste werden von mir in zwei Reihen in den Boden gerammt. Dabei stehen die Äste immer versetzt. In der Reihe ist der Abstand zwischen den dicken Ästen rund 40 cm. Der Abstand der beiden Reihen ist bei mir ebenfalls rund 40 cm, das sie nur rund ein Meter hoch ist.
Je höher die Hecke, desto größer der Abstand zwischen den beiden Reihen.


In den nächsten Wochen sammelt sich einiges an an Ästen und Zweigen. Noch ist Platz für weitere Zweige, es liegt ja genug herum, was aufgeschichtet werden muss. Das Schnittgut sackt im Laufe des Jahres ab. Dann kann im nächsten Frühjahr wieder Schnittgut oben auf gelegt werden. Alle drei bis vier Jahre müssen die Stützpfähle ausgetauscht werden, damit die Hecke stabil bleibt.

No Dig Blumenbeet

Ich möchte Benjes Hecke und die Wiese dahinter noch um ein Blumenbeet vor der Hecke ergänzen. Dazu lege ich mehrere Lagen an dickem Pappkarton vor der Hecke aus. Denn ich will das Blumenbeet Natur- und Rückenschonend nach der „No Dig“ Methode anlegen. Zur Diskussion Pappe „Ja oder Nein“: Ich verwende nur unbedruckte Pappe, aber ja, die kommt bei mir in den Garten.

Die Stauden kommen ins Beet.
Die Stauden kommen ins Beet.

Das ist schon mal Rücken schonend. Doch um das große Schleppen komme ich nicht herum. Sandsteine und Blumenerde müssen mal wieder den ganzen Garten hoch geschleppt werden. Am unteren Ende muss die Erde im Blumenbeet eine Tiefe von 40 cm haben, denn hier zieht eine schöne Staude ein, welche es tiefgründig mag. Auf dem restlichen Beet schichte ich nur knapp 20 cm Blumenerde auf. Darauf verteile ich erst einmal viele Samen von einjährigen Blumen. Allerdings keine Wildblumen, die mögen es mager.

Toll, dass ich nach dem letzen Seedswap so viele Blumensamen habe. Das wird auf jeden Fall ein schönes Insekten Buffet. Jetzt fehlt nur noch der Regen, damit alles gut durchfeuchtet und wachsen kann. Wenn es nicht wieder so trocken wird im Sommer, wächst hier bestimmt eine bunte Blumenwiese. Und vielleicht verirrt sich dann auch ein Glühwürmchen hier her. Daumen drücken. 

Es wird wild

2023: Die gepflanzten Stauden sind zum Teil riesig geworden. Doch nicht Allen gefällt es in diesem sehr trockenen Beet. Hier oben kann ich nicht bzw. will ich nicht gießen. Die Pflanzen müssen mit dem heißen und trockenen Bedingungen klar kommen, also trockenresistent sein.
Richtig gut geht es hier dem Muskateller Salbei. Auf der Stück Wiese hinter der Hecke mähe ich wirklich nur einmal im Jahr. Sieht wild aus, aber auch wunderschön. Nur Glühwürmchen habe ich immer noch keine gesehen.

Gepflanzt hatte ich 2021 in das Beet

  • Muskateller Salbei (Salvia sclarea)
  • Echter Alant (Inula helenium)
  • Flockenblume (Centaurea dealbata)
  • Schwarze Königskerze (Verbascum nigrum)

Leider nicht so gut gewachsen sind hier

  • Kerzenknöterich ‚Blackfield‘
  • Stauden-Sonnenblume ‚Soleil d’Or (Helianthus decapetalus)

Dafür wachsen hier ausgesäte Duftwicken, Seidenmohn und Goldlack. 2021 gabe es hier sogar mal Strohblumen. Doch für weitere Strohblumen bräuchte es ein feuchteres Frühjahr. Was bei den Glühwürmchen auch sehr beliebt ist, sind Stauden, welche Nachts mit einem starken Duft blühen. Einige wenige Glühwürmchen bzw. Leuchtkäfer Arten ernähren sich zwar vom Nektar oder den Pollen der Blühpflanzen. Doch Pflanzen ziehen nachtaktive Insekten an. Die sind dann sowohl für die Larven der Leuchtkäfer Futter, wie auch für ein paar Erwachsenen Käferexemplare. Es gibt auch Leuchkäfer Arten, bei denen die Erwachsenen Tiere überhaupt nicht mehr fressen.
Beliebte Nektarpflanzen sind Nachtkerze, Geißblatt, Nickendes Leimkraut. Diese Pflanzen duften abends besonders intensiv und locken mehr Insekten an.

Der nächste Teil des Projektes ist die Wildblumenwiese. Ich habe bereits mehrere Versuche gestartet, um eine Wildbumenwiese im oberen Tei de Gartens zu etablieren.

Nun, einfach nur ein paar Samen auf den Boden schmeißen ist es eben nicht. Eine vielfältige Wildblumenwiese gibt es nur auf einem agemagerten Boden. Was vorher gepflegter Rasen war muss erst jahrelang abgemagert werden. Das heißt den Rasenschnitt immer entfernen und nicht liegen lassen. Die Rasenfläche darf nicht mehr gedüngt werden. Das dauert rund 3 Jahre.

Dort, wo ich unsere Wildblumenwiese etablieren wollte wurde noch nie wirklich gedüngt. Abgemagert dürfte die Fläche sein. Doch ist sie leider in den letzten Jahren extrem verfilzt – kann man vergrast sagen? Mein erster Fehler: Ich habe die Grasnarbe nicht großflächig genug entfernt. Es waren einfach noch zu viele der unerwünschten Grassamen unterwegs.

Der nächste große Fehler: Ich habe die Wildblumenwiese ausgerechnet in dem trockensten Frühjahr und Sommer der letzen Jahre angelegt. Klar, auf das Wetter habe ich keinen Einfluss. Aber wenn ich bereits im Herbst angefange hätte, wäre es vielleicht etwas besser gelaufen. Doch selbst die gekauften Willdblumen Pflanzen sind nicht angewachsen. Trotzt regelmäßigen Bewässerung sind sie eingegangen. Die Dürre war zu massiv, der Boden viel zu trocken. Apropo Wildblumensaatgut: Man sollte unbedingt auf eine regionale Saatgutmischung achten. Ich habe mich auf der Seite des Schwarzwald Naturpark darüber informiert, welche Mischung für uns hier in Baden-Baden die Beste ist. Leider verkaufen viele der Saatgutlieferranten nicht an Privathaushalte. Es ist also nicht ganz einfach das passende Saatgut zu finden.

Für einen Neustart in Sachen Wildblumenwiese muss ich mit der Entfernung dieses Grasfilz beginnen. Mit einem Rasenmäher komme ich da nicht mehr durch. Ehrlich gesagt, will ich das auch nicht. Durch den Rasenmäher werden viele Insekten und Kleintiere vernichtet. Die beste Methode zu mähen wäre hier die Sichel. Nur kann ich nicht mit einer Sichel mähen. An dieser hohen Kunst ist selbst mein Vater gescheitert.

Deshalb habe ich mir eine japanische Grassichel besorgt. Klar, wird wieder eine Wahnsinnarbeit die gesamte Fläche mit der Sichel abzumähen. Was macht man nicht alles für eine gesunde Natur. Danach werde ich größere Flächen von der Grasnarbe befreien. Auf diese Arbeit freue ich micht überhaupt nicht.

Im nächsten Schritt lockere ich den Boden wieder mit der Broadfoark auf. Bei schweren Böden lohnt es sich Sand mit einzuarbeiten.

 

Nachtrag 2022: Es sind noch etliche weitere Benjes Hecken im Garten entstanden. Doch Glühwürmchen bisher leider nicht aufgetaucht. Ich habe da die Straßenlampen im Verdacht. Muss mal bei der Stadtverwaltung anklopfen.