Bei der Durchsicht meines Online Gartentagebuches sind mir diese Bilder untergekommen. Sie zeigen unseren Hausgarten im Januar 2016, dem ersten Jahr in unserem Haus und dem Start dieses Gartentagebuches. Sieht doch ordentlich und übersichtlich aus, oder? Ehrlich gesagt erschreckt mich die Leere des Gartens. Bis auf den Kirschbaum, einigen Hortensien, Koniferen und dem Bambus gab es damals nur Wiese. Das einzige Prachtstück war und ist der Perückenstrauch rechts Unten, welcher sich damals allerdings fast selbst zerstört hat. Das die Ordnung im Garten nicht halten würde, war mir 2016 bereits klar*
.
Es lebe die unordentliche Vielfalt
Heute ist der Hausgarten zwar um einiges unordentlicher. Aber auch viel lebendiger, bunter, vielfältiger. In vielen, neu angelegten Beeten wachsen Blumen und Gemüse. Oft zu Zusammen, selten von Anfang an erfolgreich. Vieles habe ich mir in den Jahren durch ein das Schema „Versuch macht Klug“ angeeignet. Manches ist durch puren Zufall und Nachlässigkeit gewachsen. Doch neben all der Fehlversuche, Misserfolge und wiederholten Neustarts ist Eines immer konstant geblieben: Meine Zufriedenheit am Ende des Tages. Sei es durch eine schweißtreibende Arbeit, dem leckeren Geschmack etwa einer Feige oder eben der drittgrößten Tomate. Allleine der Blick auf dieses wilde Chaos lässt mein Herz höher schlagen.
Ich muss gestehen, dass ich mir diese Zufriedenheit im letzten Jahr etwas abhanden gekommen ist. Immer wieder musste ich sie mir ins Bewusstsein rufen. Durch meine immer bekannter werdenden Blogs, dem großen Ärger mit dem Kleingartenvorstand, den diesjährigen Misserfolgen sowohl im Beet, als auch bei Wettbewerben rund um die Blogs ist mir fast zu spät klar geworden: Den Garten und die Arbeit mache ich FÜR MICH.
Das ist mein Gartenglück
Ich mache das Alles hier nicht um zu gefallen (vielleicht ein kleines Bisschen). Denn mal ehrlich, mein Garten, mein Blog und meine Schreibe sind einfach nicht „Mainstream“, nicht schön genug. Nein, ich werde nicht zum Garden & Home Blog Award eingeladen. O-Ton: Entspricht nicht ihren Qualitätsstandards. Eher: Ich passe nicht in ihr Vermarktungskonzept. Bei mir ist nicht alles schön glatt gebügelt, ordentlich, aufgehübscht und unrealistisch erfolgreich. Oder „Erklärbär Seite mit Feenstaub“.
Genauso kann ich mir die Bewerbungen beim Gartenbuchpreis schenken. Denn hier werden nicht die ambitioniertesten Gärtnerinnen ausgezeichnet, sondern die besten Verlage, Lektoren, Webdesigner und Fotografen mit dem Thema Garten. Ist auch in Ordnung so. Doch ich musste es mir wieder bewusst machen: Das, was mir wichtig ist, wird in all diesen Wettbewerben nicht abgebildet oder gar positiv bewertet.
Keine „Erklärbär Website mit Feenstaub“
Dazu kommt: Ein echtes Sendungsbewusstsein hatte ich nie und habe ich mit meinen Blogs nicht. Ich erzähle, was ich erlebe und was mich beschäftigt. Deshalb kann ich die Empfehlung, meinen Blogbeiträgen eine andere Strucktur zu geben, damit sie erfolgreicher werden, nicht umsetzten.
Sowohl das Gärtnern, als auch das Schreiben sind für mich schon immer ein kreatives Ventil gewesen. Auch über den Frust, dass ich als Frau einfach nicht beruflich durchstarten kann. Den Frust darüber, dass ich mich nie in die Konformität der Masse hinein zwingen lassen will – siehe die Kleingeister – und dafür tagtäglich die Quittung vors Gesicht gehalten bekomme.
Auch habe ich keine „Erklärbär-Webseite“ mit Feenstaub, sondern die Realität mit Kuhscheiße – wie es eine liebe Kollegin treffend beschrieben hat. Wenn es etwas gibt, dass ich vermitteln möchte, dann das es vollkommen normal ist, zu Scheitern. Selbst mit der besten Gartenanleitung geht gerade am Anfangs Vieles schief. Da spielen viel zu viele individuelle Faktoren eine Rolle beim „Erfolg“ im Gemüsebeet.
Fange an und Gebe nicht auf
Es geht darum etwas zu machen und nicht aufzugeben. Es geht darum offen zu bleiben für Neues, flexibel zu reagieren. Es geht darum, die Freude an dem zu haben, was man tut. Die Freude am Unperfekten. Einfach mal die Natur machen lassen und die Hände in den Schoß legen. Die Schönheit der Unordnung zu erkennen, denn Unordnung bedeutet Leben.
Und vor allem geht es darum anzufangen! Selbst wenn es jetzt noch keinen Plan gibt. Denn auch aus Planlosigkeit kann Wunderbares entstehen. Zumindest für mich.
Wenn es etwas gibt, dass ich vermitteln will, dann die Freude, welches einem das Gärtnern geben kann. Da sind Vergleichen, Wettbewerbe, Wettkämpfe, Auszeichnungen und der Zwang zu einer wie auch immer gearteter Konformität einfach nur Kontraproduktiv. Denn es gibt immer einen Gewinner und hunderte, tausende „Verlierer“. Mit Verlaub, das ist Scheiße.
So, die Sonne scheint, nimm die Schaufel in die Hand und fange an. Mach dich dreckig und genieße es. Der Rest kommt dann wie von alleine.
* Aus „Perückenstrauch und Regen“
Der längliche Garten ist an der breitesten Stelle ungefähr 13m und verjüngt sich auf knapp 10m am oberen Ende. Dafür ist er fast 50m lang, hat also eine ordentliche Größe. Der Vorbesitzer hat den Garten sehr gut angelegt und auch gepflegt. Naturgemäß nach seinen Vorstellungen, die nicht so ganz mit den meinen übereinstimmen. Park-ähnlich angelegt war er etwas spärlich mit Blumen, welche als Bienenfutter dienen, ausgestattet. Dafür gab es eine Vielzahl Rhododendren, von denen der Vorbesitzer alle bis auf 2 kleinere Sträucher mitgenommen hat. Die schönsten Schätzchen sind jetzt der Zierahorn und der Perückenstrauch. Letzteres ist eine echte Schönheit. Einjährige Triebe bilden an der Spitze intensive Rottöne aus und an den Zweijährigen entwickeln sich dann die namens gebenden Fruchtstände. Das habe ich allerdings recherchieren müssen, da der Vorbesitzer – wie viele andere auch – den Fehler machte den Strauch jedes Jahr zu schneiden. Ordnung ist auch hier nur das halbe Leben :-). Eines ist sicher: So ordentlich wird der Garten nie mehr sein. Aber es ist eine deutliche Erleichterung, wenn vor der Neupflanzung nicht eine komplette Rodung stattfinden muss. Oder die Bekämpfung der Ackerwinde – für mich eine echte Landplage im Kleingarten.