Oktober 2016: Am Wochenende hatte ich die wunderbare Gelegenheit in Norfolk das Herrenhaus „Blickling Hall“ mit Park zu besichtigen. Der letzte Besitzer war Kinderlos und zog in die USA, um einer Sekte beizutreten. Er hat dann in den 1930 das Herrenhaus für einen symbolischen Preis an den National Trust verkauft. Mehr zum National Trust UK siehe am Ende des Beitrags.
Die Innenräume sind wirklich faszinierend, weil hier ein gelebtes Herrenhaus konserviert worden ist. Die Salons sind noch genau so eingerichtet, wie der letzte Besitzer sie zurück gelassen hat. Zu sehen, wie die Bewohner die hochherrschaftlichen Räume im Laufe der Jahrhunderte immer wieder ihrem Geschmack angepasst haben, lässt erstauen. Absolut sehenswert.
Mein Fokus: Die Gärten
Aber natürlich fand ich den Park und vor allem den Gemüsegarten – ein Walled Garden – viel spannender.
Die Staudenbeete im Park sind bereits weitestgehend abgeblüht. Das im Sommer sicherlich wundervolle Farbenspiel hat sich nun in die unterschiedlichsten Farbstufen von Grau und Braun verwandelt. Allerdings bietet sich nun die Gelegenheit den einen oder anderen Samen abzuernten um dann zu Haus im heimischen Garten was Schmückendem zu ziehen. Psst, nicht weiter erzählen, hab auch zwei Samen geerntet. Heimlich, schnell und leise. Sollte aber nicht zu einer Massenbewegung werden, also Zurückhaltung bitte ;-).
Beeindruckend sie die beiden Heckenreihen links und rechts der Auffahrt. Diese Hecken sind mehr als 300 Jahre alt und rund 10 m hoch. Mit akurtatem Schnitt, fassen sie das Gelände ein. In ihrem Inneren hat sich im Laufe der Jahrhunderte ein knorriger Tunnel gebildet.
Mein größtes Interesse galt dem Walled Garden. Dem Selbstversorger Bereich der ehemaligen Herrschaften. Der Zugang durch die Schutzmauer war wirklich schwierig zu finden. Ohne jegliche Beschilderung sind wir eine Weile um die Mauern gewander, um dann durch ein nicht öffentliches Tor hinein zu schleichen. Wir kamen schnell in ein Gespräch mit einer Gärtnerin.
Was mich wirklich aufhorchen ließ: Die Gärtnerin erzählte uns, dass der Gemüsegarten erst seit zwei Sommer wieder bewirtschaftet wird und noch viel weiter ausgebaut werden soll. Also erst in 2015 wurde der Walled Garden wieder in Betrieb genommen. Es dauert, bis die Vernachlässigung der letzten Jahrzehnte beseitigt sind. Doch es wird schon fleißig Gemüse geerntet. Das hier geerntete Gemüse wird im angrenzenden Restaurant verwendet.
Die Nachfrage nach frischem Gemüse aus dem eigenen Garten oder von lokalen Herstellern sei in den letzten Jahren massiv gestiegen und erst jetzt kommt man ihr nach. Spannend, auch in England, der Heimat des Gemüsegartens schlechthin, gibt es erst jetzt ein Rückbesinnung auf Altbewährtes.
Hochherrschaftliche Selbstversorger
Kürbis und Zucchini sind schon abgeerntet, diverse Salat und Kräuter finden sich jedoch immer noch. Der Rhababer streckt seine großen Blätter gen Sonne und an den Mauern rund um den Garten finden sich wärmeliebende Pflanzen. Dahlien, Feigen, Obst und Artischocken – alles findet sich hier. Die Obstbäume sind noch relativ jung.
Spannend fand ich die wirklich formschöne Gestaltung des Bohnengerüst. Ich liebe Kreise aus Schnittgut. Toll, was aus dem eigentlichem Abfall gestaltet werden kann.
Blickling Park im Sommer
Juni 2017: 8 Monate später der zweite Besuch in Blickling Hall, diesmal mit der Familie. Im Juni stehen viele der Stauden in voller Blüte, wie Rosen und Pfingstrosen. Unter einem riesigen Mammutbaum finden sich Rosenraritäten, wie die Moosrose „Captain John Ingram“, eine Rosa muscosa. Mich faszinieren vor allem die Knospen, welche Namensgebend sind für diese Rosen Gruppe. Ob ich so eine Rose auch bei uns in Deutschland finde? Einfach schön.
Die neue Anlage der vielen Beeten ist noch nicht ganz ausgewachsen. Das Beet vor dem Perückenstrauch zeigt den Ansatz einer spannenden Kombination. Eine leider noch nicht blühenden Gartenlilie, umrahmt von roter Gartenmelde! Interessantes Pflanzen Arragement. Die werde ich zu Hause mal nachpflanzen, um das Endergebnis zu sehen.
Durch den Besuch mit den Kindern wird ein anderer Blick auf die Parkanlage möglich. Ich habe zwar nicht die Zeit die einzelnen Pflanzen zu erkunden. Doch es macht Spaß zu sehen, wie die Kinder diesen Kulturraum für sich einnehmen.
Der Park bietet auch Flächen zum Verweilen, entdecken und spielen. Wo kann man schon so herrschaftlich Crocket spielen auf einem englischen Rasen?
National Trust
Seit der Gründung 1895 verpflichteten sich die Gründer Octavia Hill, Robert Hunter und Hardwicke Rawnsley historischen und natürlichen Orte in UK zu bewahren. Ihr Ziel war es, diese wichtigen Orte nicht nur zu retten, sondern sie auch für Allgemeinheit zugänglich zu machen.
Bewahrt und betreut werden in der gemeinnützigen Organisation historische Gebäuden, aber auch Gärten und Naturschutzgebiete. Inzwischen umfasst der National Trust über 300 Natur-/Denkmäler. Mehr Infos auf www.nationaltrust.org.uk/