Im März stehen in der kühlen Waschküche mehrere Artischocken (Cynara scolymus) Setzlinge. Bereits Mitte Januar habe ich die kleinen Schönheiten in den Töpfchen ausgesät und sie sind ganz gut gewachsen. Bald geht es auch endgültig nach draußen. Die Anzucht geht auch noch Ende Februar. Blüten gibt es dann aber keiner mehr im gleichen Gartenjahr, wie die Aussaat.
Anzucht
Die Anzucht von Cardy und Artischocke ist einfach. Die Keimrate liegt bei rund 70 %. Ausreichend Samen für mindestens einen Tag in Wasser einweichen. Die Samen werden dann rund 1 cm tief in ein 10er Töpfchen voll Anzuchterde gesetzt. Ich lege immer nur ein Samen in ein Töpfchen. So muss ich später die Pflanzen nicht mit Pikieren stressen.
Die Setzlinge keimen nach rund drei Wochen. Dann ist es wichtig, dass die Setzlinge nicht zu warm stehen. Ein Gewächshausschrank, warmes Frühbeet – oder die für die ganz Glücklichen – ein Gewächshaus, sind dann der beste Ort für sie. Bei drohendem Nachtfrost aber unbedingt schützen.
Blüten ab dem zweiten Sommer
Bereits seit 5 Jahren ziehe ich immer wieder die verwandte Cardy (Cynara cardunculus) und Artischocken „Green Globe“ Pflanzen vor. Es hat allerdings gedauert, bis ich die ersten Pflanzen über den Winter gebracht habe. Artischocke und Cardy blühen fast immer erst im zweiten Jahr. Auch wenn sie theoretisch Winterhart sind: Im ersten Winter sind beide sehr empfindlich. Erst mit drei oder vier Jahren überstehen Artischocken einen kälteren Winter. Deshalb sind mir Jahrelang Artischocke und Card im Winter einfach erfroren und komplett abgestorben. Obwohl wir hier Weinbauklima haben.
Nicht ganz einfach
In einem Jahr habe ich dann die Artischockensetzlingen gleich je in einen großen Kübel gesetzt. Im Sommer 2018 hatte ich aber erst einmal ein ganz anderes Problem: Wie bekomme ich die Artischocken über den Sommer? Die Pflanzen sind fast vertrocknet bei der Dauerhitze, trotz Gießen. Ein paar haben es nicht geschafft.
Je eine Cardy und eine Artischocke habe ich im Spätherbst am Haus unter meinen Arbeitstisch verstaut. Zuviel Feuchtigkeit ist für die Artischocken ebenso ungünstig, wie zu kalte Temperaturen. Sobald es kalt wurde, habe ich Jutesäcke und Anderes rund um den Tisch deponiert, um die Minustemperaturen abzuhalten. Das der letzte Winter bei uns nicht sonderlich kalt war hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Artischocke hier ausnahmsweise überlebt hat. Die Cardy unterm Tisch ist eingegangen – keine Ahnung wieso.
Ein Pappkarton hilft
Im Winter 2018/19 hatte ich einen Cardy im Pflanztopf im Blumenbeet geparkt. Die Idee war, sie hier einzupflanzen. Bin aber nicht dazu gekommen. Als sich ein tiefer Frost ankündigte, habe ich einfach einen Versandkarton – welcher auf der Terrasse auf seine Entsorgung wartete – darüber gestülpt. Fast 3 Monate war er auf der Pflanze und ich dachte schon, der Cardy geht ein. Nö – war alles super! Im Sommer 2019 hatte ich zum ersten Mal einen riesigen Cardy mit 10 Blüten. Die Höchste immerhin 2,50 m hoch. Auch 2020 gab es noch einmal ordentlich Blüten von diesem Cardy. Jetzt, nach drei Jahren, hat sie leider ihre Lebensspanne vollendet. Doch es kündigt sich bereits Nachwuchs an.
Das Geheimnis: Mit niedrigen Frost Temperaturen kommen die Pflanzen klar. Die Verbindung von Kälte und Nässe zerstört hingegen den Kern – das Herz – der Pflanze. Hält man die Feuchtigkeit durch Regen bzw. Schnee vom Herz der Pflanze fern, übersteht die Artischocke und der Cardy auch bei uns den Winter im Freien. Wird es richtig frostig, stopfe ich noch Stroh unter den Pappkarton.
Ältere Artischocken benötigen bei uns keinen zusätzlichen Schutz, so lange die Temperaturen nicht unter -5° C fallen.
Der Zufall hat geholfen
Der Cardy Stock im Blumenbeet sitzt jetzt seit 6 Jahren an diesem Platz. Wobei es höchst wahrscheinlich nicht mehr der Original Stock ist. Doch da bei mir die Pflanzen blühen und Samen ausbilden dürfen, regeneriert sich die Cardy hier immer wieder neu. Von ganz alleine und ohne mein Zutun.
Starkzehrer
Nach der Winterruhe gibt es gleich mal einen ordentlichen Schluck Flüssigdünger für Beide. Cardy und Artischocken sind Starkzehrer. Jetzt muss ich mir noch ein paar große Töpfe besorgen, damit ich die jungen Artischocken von diesem Frühjahr darin groß ziehen kann. Und bald werde ich mich über eine wundervolle Blüte freuen, welche ich nicht essen werde, sondern nur bestaunen.
Das Gewusel, Gebrumme, Gesummse und gekrabbel in den Blüten ist einfach göttlich. Da wird mit Inbrunst geschleckt und Pollen gesammelt. Von der Kleinsten Bienensorte bis zur schwarzen Holzbiene findet sich hier alles ein.
Was mit dem Cardy klappt, muss doch auch mit Artischocken gehen. Also wurde im Winter 2019/20 auch der einzigen Artischockenpflanze im Hausgarten einen Karton übergestülpt. Funzt! 5 Knospen hat die Artischocke im Sommer 2020 gebildet! Zwei davon habe ich (alleine) gegessen. Angemacht mit dem eigenen Apfelessig wurden sie mit viel Genuss verspeist. So lecker hatte ich sie gar nicht in Erinnerung. Ich brauchte noch nicht einmal die sonst oft dazu gereicht Hollandaise Sauce.
Artischockenknospen sind ein Hochgenuss
Klar, dass ich für mehr Knospen sorgen muss. Deshalb habe ich auch die drei weiteren Knospen aufblühen lassen. Sie waren sehr gut besucht. Manchmal gab es einen richtigen Stau auf der Blüte. Im Winter konnte ich aus nur einer einzigen Blüte 50 Samen sammeln
Die inzwischen 4 Jahre Mutterpflanze hat die -15° C vor einigen Woche auch überstanden und wird sicherlich noch einmal blühen. Eine ordentliche Portion eigener Gartenkompost rund um die Artischockenpflanze gibt ihr noch einmal die Kraft dazu. Für die nächste Knospengeneration in 2022 sind dann die heutigen Babies zuständig. Voraus gesetzt sie überstehen die Schneckenangriffe im Frühjahr, die Trockenheit im Sommer und eben den Frost im ersten Winter. Dann sind wir auf der sicheren Seite.
Artischocke Januar 2023
Ja, die Artischocken Babies von 2021 haben sich wunderbar gemacht. So gut, dass sie bereits die nächste Generation Artischocken auf den Weg gebracht haben. Im Sommer 2022 habe ich keine Knospen zum Verzehr geerntet. Sie waren durch die Trockenheit so strohig, dass ich maximal den Geschmack hätte ausnuckeln können. 🙂 Dadurch konnten sie alle blühen und Samen bilden.
Eigentlich wäre jetzt im Januar wieder Zeit für die Aussaat einer neuen Artischocken Generation. Es nicht nötig, die Artischocken haben sich fleißig selbst ausgesamt. Neben den Mutterpflanzen sind bereits etliche 10 cm große Babies gewachsen. Die haben sogar die Minustemperaturen im Dezember überstanden. Anscheinend sind diese Setzlinge stärker, als die im Haus vorgezogenen.
Tja, die Natur weiß es offensichtlich besser als der Mensch. Mir spart diese Form der Permakultur Zeit, Arbeit und Platz in der Anzuchtstation. Ich finde Permakultur klasse!
Ein Genuß
Bei all der Arbeit stellt sich natürlich die Frage: Wann ernten? Am besten, wenn die Knospe noch ganz kompakt ist und komplett grün (siehe Titelbild des Beitrags). Zeigen sich erste purpurner Verfärbungen ist es bereits zu spät. Der Knospengrund ist verholzt.
Die Artischocken Knospen werden von den äusseren Blätter befreit, dann wir die Knospenspitze abgeschnitten. Die gesäuberte Knospen kommen dann in heißes Wasser mit Salz und Essig! Essig ist wichtig, damit sich der Geschmack besser heraus bildet und die Farben nicht oxidieren. Normalerweise wird eine Hollondaise dazu gereicht. Mir reicht geklärte Butter.